Sascha Lino Lemke (*1976)
aKKORDeONoff (2014)
für einen Pianisten, Mundharmonika, Zylinder & A/V-Elektronik
Kompositionsauftrag von Bernhard Fograscher
a.
...der Hauptton des Stückes.
AKKORD.
...eine Fantasie über einen Mollakkord bzw. eine Folge von vier Akkorden aus Magister Franziskus Klagegesang auf den Tod Machauts.
...Akkordarbeit im doppelten Sinne.
e.
...elektrifiziert.
...auf diese Weise dem Spieler künstliche akustische und visuelle Doubles zur Seite stellend.
...echt: Was ist echt und was ist virtuell? Beginn eines Verwirrspiels der Sinne im Labrinth der elektrischen Maschine, von der der Interpret ein Teil wird.
AKKORDeON.
...die Mundharmonika als Akkordeon der armen Leute.
...die Ähnlichkeit der (teilweise elektronisch transformierten) Klavierresonanzen mit dem Klang des Akkordeons.
...das wiegenhaft alternierende Spiel des Akkordeons.
ONoff.
...der Grundgestus des Stücks: An- und Ausschalten.
...eine Zeit, die stotternd, wie langsam abgespielte Einzelbilder eines Films, wahrgenommen wird.
AKKORDeONoff gehört zu einer Folge etüdenhafter Stücke für Musiker und ihre virtuellen Doubles. Mich interessiert u.a. die Arbeit mit dem Gedächtnis und wie sich aus dem Gehörten, Gesehenen eine neue virtuelle Realität bauen lässt. Dabei stellt sich immer wieder die Frage von Original und Kopie, echt und unecht. Wer ist nun eigentlich von wem abhängig?
In AKKORDeONoff treffen außerdem Einflüsse verschiedener Dinge aufeinander, die mich gerade beschäftigt hatten: Die Mundharmonika, die zufälligerweise die zentrale Stelle aus Franciscus Andrieux' Klagegesang auf den Tod Machauts spielen kann, ein Stück der Ars subtiler des 14. Jahrhunderts, das ich sehr liebe. Die Ähnlichkeit mit einer extrem dissonanzreichen Sonate von Scarlatti, dem Meister des barocken Flamenco, der sich in eben diesen parallelen Quinten zu gern obsessiv verliert. Parallelen zu Gaspard de la nuit von Ravel.
Außerdem die Rituale von Klavierrecitals. Und irgendwie auch die Figur des Bloom aus James Joyce, insbesondere die Friedhofsszene 3 all dies hat sich auf eigenartige und indirekte Weise in das Stück eingeschlichen. Der Titel spielt auf die Akkordeon3ähnlichen Klänge der Klavierresonanzen und natürlich der Mundharmonika an sowie auf die Behandlung des Apparates aus Flügel, Mundharmonika und Spieler als eine Art merkwürdige Maschine, die relativ rhythmisch, mechanisch ist und bei der verschiedene Komponenten rhythmisch an3 und ausgehen. Und natürlich auf den verhandenen Strom, der das Spektakel möglich macht...
Sascha Lino Lemke (*1976)
aKKORDeONoff (2014)
for a pianist, harmonica, cylinder, light & a/v electronics
commissioned by Bernhard Fograscher
AKKORDeONoff is part of a series of study-like pieces for musician(s) and their doubles. I am interested in working with the memory of the listener: How can I build new virtual realities out of elements that have already been heard and/or seen. What is real and what is not? Who is dependant on whom?
The piece is inspired by a lot of different things: There is a lamant on Machaut's death written by Magister Franziskus (ars subtilior, 14th century), the harmonica can play my favorite moment of that piece... It happens that it could relate to a sonata rich in dissonances and simular parallel fifths by Scarlatti, the barock master of Flamenco...which again could meet up with Ravel's Gaspard de la nuit. Inspiring to me were also the traditional rituals of piano recitals and Leopold Bloom from Joyce's Ulysses, especially during the scene at the cemetary.
a ... center pitch of the piece.
AKKORD ... a phantasy about a minor chord or about a sequence of four chords from a lamant of Machaut's death by Magister Franziskus ... Akkordarbeit in German means piece rate and is made of the two words chord and work.
e ... electrified ... producing virtual acoustic and visual doubles using electricity ... "echt" = real: What is real and what is virtual? Beginning of deliberate confusion using this labyrinth of a machine of which the pianist becomes a part of.
AKKORDeON ... the harmonica as the accordeon of the poor ... simularities between the sound of party transformed piano resonances and the sound of the accordeon ... the natural rocking gesture of playing a accordeon.
ONoff ... main gesture of the piece ... perceiving time as a sequence of slowly, stutteringly played frames of a film.